Deutschlands größte Gesundheitsstudie: Mannheimer Studienzentrum der Nationalen Kohorte feierlich eröffnet

24.10.2014

In Mannheim trafen sich heute Vertreter aus Wissenschaft und Politik zu einem Festakt anlässlich der Eröffnung des Mannheimer Studienzentrums der Nationalen Kohorte (NAKO). „Gemeinsam forschen für eine gesündere Zukunft“ – so lautet der Leitgedanke der derzeit größten deutschen Bevölkerungsstudie. Ziel ist es, Ursachen und Risikofaktoren für die wichtigsten Volkskrankheiten genauer zu erforschen, um sie langfristig früher erkennen, erfolgreicher behandeln und ihnen besser vorbeugen zu können.

Theresia Bauer (links), baden-württembergische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, informierte sich im Studienzentrum Mannheim über die Nationale Kohorte

Theresia Bauer (links), baden-württembergische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, informierte sich im Studienzentrum Mannheim über die Nationale Kohorte

Die baden-württembergische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Theresia Bauer, appellierte in ihrer Rede an die Bereitschaft zur Teilnahme: „Die Mehrzahl der Todesfälle in Deutschland geht auf Volkskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs oder Diabetes zurück. Die Nationale Kohorte bietet eine einmalige Chance, mehr über deren Ursachen und Präventionsmöglichkeiten zu erfahren. Deswegen sind wir auf jeden einzelnen Teilnehmer angewiesen und jeder von uns wird am Ende von den Forschungsergebnissen profitieren.“

Prof. Dr. Rudolf Kaaks vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), wissenschaftlicher Leiter des Studienzentrums Mannheim und Mitglied im wissenschaftlichen Vorstand des Vereins Nationale Kohorte e.V., ist einer der Gründerväter des Projekts. Er bedankte sich bei den verschiedenen Kooperationspartnern, die das Studienzentrum Mannheim ermöglicht und mitaufgebaut haben. „Es freut mich ganz besonders, dass wir heute nach langer intensiver Vorarbeit das Studienzentrum eröffnen. Hier wird nicht nur eine Brücke von der wissenschaftlichen Forschung zur Bevölkerung geschlagen, sondern auch die gute Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Forschungseinrichtungen weiter verstärkt.“

Das DKFZ war von Anfang an gemeinsam mit dem Helmholtz Zentrum München an der wissenschaftlichen Koordination und Leitung des Projekts beteiligt. Neben dem Studienzentrum Mannheim unterhält das DKFZ noch ein weiteres in Saarbrücken. Zweiter Träger des Mannheimer Studienzentrums ist das Universitätsklinikum Heidelberg. Prof. Dr. Hans-Georg Kräusslich, Prodekan Forschung der medizinischen Fakultät Heidelberg, war ebenfalls zur Feierstunde nach Mannheim gekommen. „Wir freuen uns, dass wir hier in der Rhein-Neckar-Region an dieser zukunftsweisenden Studie teilnehmen können“, erklärte er. „Ein solches Engagement ist für uns an einem Ort der universitären Spitzenforschung und -medizin selbstverständlich.“ Mit gleich zwei anerkannten Universitätskliniken in der Region übernimmt das Studienzentrum Mannheim eine besondere Rolle unter den 18 NAKO-Standorten: Zum einen ist es eines von fünf Zentren für Magnetresonanztomographie (MRT) der Nationalen Kohorte, und die Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums Heidelberg ist mit zentralen Kernaufgaben des MRT-Projekts innerhalb der Nationalen Kohorte betraut. Zum anderen ist am DKFZ eines der beiden Datenintegrationszentren für das zentrale Datenmanagement angesiedelt.

Rund 200.000 Probanden machen die NAKO zum international führenden Forschungsprojekt, dessen Daten ein riesiges Erkenntnispotential eröffnen. So werden Analysen für viele Forschungsfragen möglich, für die bereits laufende Studien zu geringe Teilnehmerzahlen haben. Dabei geht es zum Beispiel um den Einfluss von genetischen Faktoren, Umweltbedingungen, sozialem Umfeld und Lebensstil auf die Entstehung von Volkskrankheiten.

Theresia Bauer (Mitte), baden-württembergische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, informierte sich zusammen mit Dr. Karin Halina Greiser (zweite von links), Leiterin Studienzentrum Mannheim, im Studienzentrum Mannheim über die Nationale Kohorte.

Theresia Bauer (Mitte), baden-württembergische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, informierte sich zusammen mit Dr. Karin Halina Greiser (zweite von links), Leiterin Studienzentrum Mannheim, im Studienzentrum Mannheim über die Nationale Kohorte.

Auch psychische Erkrankungen, wie etwa Depressionen, werden heute dazugezählt. Sie sind die Hauptursache für Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung. Die Kosten, die durch sie entstehen, werden allein in Europa auf über 500 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg, Direktor des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit, betonte deshalb: „Es ist extrem wichtig für uns, den Zusammenhang zwischen sozialen Einflussfaktoren und psychischen Erkrankungen genauer zu erforschen. Nur so können wir langfristig die Diagnosemöglichkeiten verbessern und Therapie- und Präventionsansätze weiterentwickeln.“

Einen Schwerpunkt des Studienzentrums Mannheim stellt die Frage dar, inwieweit ein Migrationshintergrund die Gesundheit beeinflusst. Dr. Ulrike Freundlieb, Bürgermeisterin für Bildung, Jugend und Gesundheit der Stadt Mannheim, führte aus: „Gerade diejenigen, die aus schwierigen Verhältnissen stammen, sind häufig besonderen gesundheitlichen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Auch Sprachprobleme sind ein Hemmnis, wenn es darum geht, eine adäquate medizinische Behandlung zu erhalten. Darum liegt uns diese Bevölkerungsgruppe besonders am Herzen.“ In Mannheim leben rund 130.000 Menschen mit Migrationshintergrund. Das sind knapp 40 Prozent der Einwohner und damit doppelt so viele wie im bundesdeutschen Durchschnitt. Darüber hinaus ist die Mischung aus Industrie- und Universitätsstandort interessant. „Wir haben uns bewusst für Mannheim entschieden, weil wir eine möglichst heterogene Studienpopulation haben wollten“, bestätigte auch Dr. Karin Halina Greiser, die seit 2009 an der wissenschaftlichen Planung, der Koordination und dem Aufbau der Nationalen Kohorte beteiligt ist und das Studienzentrums Mannheim leitet.

Die Arbeit hat unterdessen schon begonnen: Bereits im Mai wurde die erste Teilnehmerin in Empfang genommen, 10.000 sollen es bis zum April 2018 werden. Sie wurden über das Einwohnermeldeamt nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, um zu gewährleisten, dass alle Gruppen der Bevölkerung gleichermaßen repräsentiert sind. Zur offiziellen Eröffnungsfeier waren auch Probanden geladen, die an der Studie teilnehmen und den Untersuchungsablauf schon kennengelernt haben. „Der Erfolg der Studie steht und fällt mit dem Engagement der Bevölkerung“, so Greiser. „Deswegen kann ich wirklich nur alle, die eine Einladung erhalten, dazu aufrufen, mitzumachen und diese einmalige Chance zu nutzen.“